Ratgeber-Vorsorge-Enterbung-Intro

Enterbung

Können Eltern ihre Kinder enterben?

Ratgeber-Vorsorge-Enterbung-Frage

Kann mich mein Vater wegen eines Streites enterben?

Mein verwitweter Vater ist gestorben. Ich bin seine einzige Tochter. Leider hatten wir seit einem schlimmen, aber belanglosen Streit über die Art der Erziehung meiner Kinder keinen Kontakt mehr. Wohl aufgrund dieses Streits hat er ein Testament erlassen, mit welchem er mich enterbt. Darf er das? Was kann ich dagegen unternehmen?

Jolanda Kovic

Ratgeber-Vorsorge-Enterbung-Antwort

Marco Trüssel, Experte für Erbrecht und Willensvollstreckungen 

Mit einer Enterbung kann man seinen pflichtteilsgeschützten Erben – wie Ihnen als Tochter - den gesetzlich vorgesehenen Pflichtteil entziehen. Damit der Pflichtteilsschutz aber nicht leichtfertig aufgehoben werden kann, stellen das Gesetz und die Rechtsprechung strenge Anforderungen an eine rechtsgültige Enterbung.

Enterbungsgründe müssen gravierend sein

Für eine Enterbung braucht es zunächst einen gesetzlichen Enterbungsgrund. Ein solcher ist gegeben, wenn ein Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine ihm nahestehende Person eine schwere Straftat begangen oder wenn er gegenüber dem Erblasser oder seinen Angehörigen familienrechtliche Pflichten schwer verletzt hat. Darüber hinaus kann der Erblasser einem Nachkommen die Hälfte des Pflichtteils entziehen, wenn gegen diesen Verlustscheine bestehen und wenn der Erblasser die dem Enterbten entzogene Pflichtteilshälfte direkt dessen vorhandenen Kindern – sprich den Enkeln – zuwendet. 
Die Verletzung der familienrechtlichen Pflichten muss qualitativ schwer wiegen. So wird in der Regel selbst ein kompletter Kontaktabbruch nicht als ausreichender Enterbungsgrund angesehen. Hingegen würde ein Gericht beispielsweise eine in ungerechtfertigter Weise erhobene Strafanzeige gegenüber dem Vater oder eine wiederholte Anzweiflung der Vaterschaft trotz gegenteiligem Gutachten eher als gültig erachten. Grundsätzlich kommt es aber immer auf die konkreten Umstände im Einzelfall an.
Der von Ihnen vermutete Enterbungsgrund (Streit über Fragen der Kindererziehung) ist meines Erachtens ebenso wenig ausreichend wie ein – nach der Ansicht Ihres verstorbenen Vaters – nicht wunschgemässes Verhalten Ihrerseits.

Enterbte haben Klagemöglichkeit

Eine Enterbung von pflichtteilsgeschützten Erben ist somit nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen rechtsgültig. Obwohl die bei Ihnen vorliegende Enterbung diese gesetzlichen Voraussetzungen wahrscheinlich nicht erfüllt, müssen Sie das Testament Ihres Vaters zwingend innert eines Jahres nach Kenntnisnahme aktiv mit einer Klage anfechten, damit die Enterbung keine Gültigkeit erlangt. Wenn Sie Klage erheben, müssen die restlichen  Erben beweisen, dass der angegebene Enterbungsgrund gegeben und ausreichend ist. Gelingt den anderen Erben dieser Beweis nicht, wird die Enterbung aufgehoben und Sie erhalten den gesetzlichen Pflichtteil.

Enterbung muss gut überlegt sein

Um unschöne Auseinandersetzungen sowie langwierige und teure Gerichtsverfahren zu vermieden, sollte ein Erblasser zu Lebzeiten deshalb immer sehr genau überlegen, ob eine Enterbung im konkreten Fall überhaupt in Frage kommt und rechtlich haltbar ist.
 

 

Alle Ratgeber zum Thema «Vorsorge treffen»

Ratgeber-Vorsorge-Enterbung-Störer

Haben Sie Fragen zu Vorsorgethemen? Wir beraten Sie gerne.

Ratgeber-Vorsorge-Enterbung-Mehr zum Thema