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Neue Töne im Gitarrenmarkt

Die Firma Relish Guitars mit Sitz in Sempach Station exportiert ihre edlen Produkte an Gitarrenliebhaber auf der ganzen Welt. Um in Zukunft ein breiteres Publikum zu erreichen, wagt das Unternehmen nun einen mutigen Schritt.

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Text: Daniel Schriber, Fotos: Mo Henzmann

Die Manufaktur von Relish Guitars befindet sich in einem unscheinbaren Gewerbegebäude am hintersten Zipfel der Industriestrasse in Sempach Station. Hier, unmittelbar neben einer Futtermühle, ist die Firma zu Hause, die mit ihren innovativen Produkten Kunden rund um den Globus begeistert. Der Techniker des dreifachen Grammy-Gewinners Steve Vai bezeichnet die Gitarre mit dem patentierten Pickup-Swapping-System (siehe Box) als «Rolex der Gitarrenwelt». Die Zeitschrift «Wired» schrieb: «Wenn Apple eine Gitarre produzieren würde, sähe sie so aus.» Solche Feedbacks sind für Silvan Küng Bestätigung und Motivation zugleich. Der Mitbegründer und Geschäftsführer von Relish Guitars erscheint zum Interview eine Viertelstunde später als vereinbart auf der Terrasse hinter der Produktionsstätte. Das tut er nicht etwa, um ein gängiges Rockstar-Image zu bedienen, sondern weil er gerade einem Sammler eine Spezialanfertigung für 7000 Franken verkaufen konnte. «Das gibt das erste Relish-Modell in Ferrari-Rot», freut sich Küng. 

Seit seiner Gründung hat das Unternehmen rund 1000 Gitarren verkauft. Kostenpunkt: zwischen 4000 und 10'000 Franken. In Zukunft sollen es mehr Verkäufe sein. Viel mehr. «Wir wollen mit unseren Produkten den Gitarrenmarkt verändern», betont Küng. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Relish dieses Jahr neben den handgefertigten Premium-Modellen eine günstigere Ausführung für knapp 1700 Franken auf den Markt gebracht. «Mit der Lancierung einer preiswerten E-Gitarre gehen wir ein Risiko ein», sagt Küng. Denn damit setzt Relish das bisherige Edel-Image bei einigen Fans aufs Spiel. Bei gewissen Partnern ist die anfängliche Skepsis über die Neuausrichtung bis heute nicht verschwunden. Davon lässt sich Silvan Küng jedoch nicht beirren: «Ich bin zu 100 Prozent überzeugt von dem Schritt», betont der gebürtige Krienser. Gründe zur Zuversicht gibt es durchaus: Laut Küng hätten diverse Gitarrenmagazine das neue Modell mit Höchstnoten bewertet. «Zudem haben wir bereits etliche Vorbestellungen.» 

Entwickelt und vorproduziert wird das Modell «Trinity by Relish» in der Schweiz, fertiggestellt wird das Halbfabrikat von einem grossen Instrumentenhersteller aus Indonesien. Für das Unternehmen, das über 60'000 Instrumente pro Monat produziert, ist Relish nur ein kleiner Kunde. Um trotzdem ins Geschäft zu kommen, hat Küng dem Konzernchef eine Packung Kirschstängeli und einen handgeschriebenen Brief in die Hand gedrückt. «Um sein Ziel zu erreichen, muss man auch mal unkonventionelle Wege gehen», sagt Silvan Küng und lacht. Der indonesische Instrumentenhersteller sei nun stolz darauf, ein Teil der Relish-Erfolgsgeschichte zu sein. 

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In den Gitarren von Relish steckt viel Handarbeit

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Interview mit CEO Silvan Küng

«Ich bin eine intuitiv handelnde Person»

Silvan Küng, Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die E-Gitarre neu zu definieren. Wie machen Sie das?

Indem wir echte Innovationen präsentieren. E-Gitarren werden seit über 60 Jahren praktisch gleich hergestellt. Mit einer neuen Bauweise und dem patentierten Pickup-Swapping-System (siehe Box) sowie besonders hochwertigen Materialien erzeugen unsere Instrumente einen einzigartigen Klang und heben sich von der Masse ab. 

Gibt es Unternehmen aus anderen Sektoren, die Sie inspirieren? 

Mich faszinieren Unternehmen, die es schaffen, sich immer wieder neu zu erfinden und Bewährtes zu hinterfragen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Apple. Smartphones gab es schon, bevor das erste iPhone präsentiert wurde. Doch keine Firma brachte es fertig, sich so sehr an den Kundenbedürfnissen zu orientieren wie Apple. Genau das ist auch unser Ziel. Wir wollen mit E-Gitarren einen neuen Standard setzen. 

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Silvan Küng, CEO Relish Guitars

Ein Kunde verglich unsere Gitarren mit Produkten der Schweizer Uhrenindustrie.

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Der Schweizer Markt ist das eine, den internationalen Durchbruch zu schaffen das andere. Wie gelingt das? 

Wir haben von Anfang an grossen Aufwand betrieben, um den Schritt ins Ausland zu schaffen. Anders wäre es nicht gegangen: Der Gitarrenmarkt in der Schweiz war zu Beginn einfach zu klein für ein innovatives Produkt wie unseres. Um mit einem solchen Produkt den Durchbruch zu schaffen, muss man sich auf die grossen Märkte konzentrieren. In unserer Branche sind dies vor allem die USA und Japan. 

Wie erreichen Sie diese Märkte? 

Wir gehen im Marketingbereich bewusst innovative Wege und versuchen auch dort immer wieder Neues. Social Media zum Beispiel ist für uns heute mindestens so bedeutend wie die Präsenz an Instrumentenmessen. Aktuell pflegt Relish Partnerschaften mit mehreren szenebekannten Youtubern, die Videos über unsere Produkte machen. Darüber hinaus kommt uns auch der gute Ruf der Schweiz zugute. Ein Kunde aus den USA verglich unsere Gitarren auch schon mit Produkten der Schweizer Uhrenindustrie. Das hilft natürlich sehr. 

Lassen Sie sich bei Ihren Entscheidungen eher vom Bauchgefühl oder vom Kalkül leiten? 

Das hat sich im Laufe der Jahre etwas verändert. Während ich früher vor allem auf meinen Bauch hörte, bin ich heute etwas analytischer unterwegs. Trotzdem würde ich mich immer noch als intuitiv handelnde Person bezeichnen. Es ist wahrscheinlich eine Mischung von beidem: Zuerst höre ich auf den Bauch, dann lasse ich das erste Gefühl sacken und versuche, die Sache kopflastiger zu beurteilen. 

Wie steht es um die Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen? 

Fehler sollen und dürfen passieren, unbedingt sogar! Wichtig ist jedoch, dass man analysiert, warum etwas nicht funktioniert – und dann seine Lehren daraus zieht. Wer nur immer absolut sichere Entscheidungen trifft und nicht bereit ist, Risiken einzugehen, ist in meinen Augen kein Unternehmer. 

Erfolg dank neuem System

Von ZZ Top über Stevie Wonder bis Motörhead: Zahlreiche Weltstars spielten schon Gitarren von Relish. Die Produkte aus Sempach Station sind insbesondere aufgrund ihres patentierten Pickup-Swapping-Systems begehrt. Es erlaubt ein schnelles und einfaches Wechseln des Tonabnehmers. Diese Innovation macht es möglich, dass eine E-Gitarre innerhalb kürzester Zeit für unterschiedliche Musikstile eingesetzt werden kann. Relish Guitars wurde 2013 gegründet und beschäftigt derzeit fünf Mitarbeitende.
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