Energiestrategie 2050 ist heute bereits möglich

Ein LUKB-Immobilien-Experte zeigt dies mit seinem Zweifamilienhaus

Immobilien als Schlüsselfaktor

Immobilien sind in der Schweiz ein Schlüsselfaktor für den Klimaschutz. Umso wichtiger ist, dass Neubauten klimaneutral realisiert werden. Ist das heute bereits umsetzbar?

Der LUKB-Immobilien-Experte Guido Estermann wollte es wissen und hat sein Zweifamilienhaus voll auf die Energiestrategie 2050 ausgerichtet. Sein Fazit: Es funktioniert. Hier sein Erfahrungsbericht.

In der Schweiz fallen über 40% des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen im Gebäudebereich an. Bund und Kantone wollen deshalb mit dem Gebäudeprogramm den Energieverbrauch im Schweizer Gebäudepark erheblich reduzieren und den CO2-Ausstoss senken. Die Strategie Energie 2050 beinhaltet, dass der Betrieb von Gebäuden bis in dreissig Jahren komplett CO2-frei sein soll.


Ziel: Ein Nullenergiegebäude

Doch ist dieses Ziel realistisch? Und was ist heute technisch bereits machbar? Die Immobilien-Experten der LUKB hören diese und weiteren Fragen rund um die Nachhaltigkeit von Gebäuden im Alltag sehr häufig – sei es bei Neubauten, Ersatzneubauten oder Sanierungen, sei es bei Wohneigentum oder Mietobjekten.

Guido Estermann wollte es genau wissen und entschied sich deshalb, sein neues Zweifamilienhaus energieoptimiert zu realisieren und zu betreiben. Das Ziel des Immobilien-Experten: Ein Plusenergiegebäude, also ein Haus, das netto mehr Energie erzeugt, als es verbraucht .

Das im Jahr 2018 fertiggestellte Haus umfasst konzeptionell und technisch alles, was heute sinnvoll ist, um Energie zu sparen, produzieren und speichern:

  • Nachhaltige Baumaterialien: Hybridbau aus Holz und Beton
  • Solaroptimierte Architektur (konstruktiver Wärmeschutz, gute Wärmedämmung, optimierte Fenster)
  • Unabhängige Energieversorgung mit Elektrizität und Wärme (Details siehe unten)
  • Mobilitätslösung (Ladestation, Elektroauto)
  • Energiemanagement und Gebäudeautomation: Optimierung und Koordination von Stromproduktion und -verbrauch
  • Energiesparende Geräte

Die Kernelemente der unabhängigen Energieversorgung sind das Heiz- und Kühlsystem, die Wärmedämmung und die Photovoltaikanlage:

  • Die strombetriebene Sole-Wasser-Wärmepumpe entnimmt dem Erdreich Energie, erhöht die Temperatur und gibt die Wärme via Bodenheizung dem Raum ab, bzw. erwärmt das Gebrauchswasser. Im Sommer wird Wärme über die Bodenheizung abgeführt (Free-Cooling) und in das Erdreich zurückgeführt.
  • Photovoltaik-Anlage auf dem Dach: Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach produziert Strom – pro Jahr rund 12'000 kWh. Zur Anlage gehört auch ein Batteriespeicher im Keller.
  • Die exzellente Gebäudedämmung mindert den Wärmeverlust und damit auch die notwendige Heizleistung der Wärmepumpe.

Stromproduktion deutlich höher als Verbrauch

Seit 2018 Jahren wohnt Guido Estermann in seinem neuen Nullenergiehaus. In dieser Zeit hat er Energie- und Verbrauchswerte sorgfältig aufgezeichnet und analysiert. Hier seine Beobachtungen:

  • Das Zweifamilienhaus hat einen jährlichen Energiebedarf (Haushaltstrom, Heizung, Warmwasser) von 8'000 kWh für 250 m2 Wohnraum. Mit einer durchschnittlichen Produktion von knapp 12'000 kWh/Jahr produziert das Haus rund 4'000 kWh Ökostrom für andere.
  • Das Energiemanagement funktioniert. Das Ziel ist dabei, möglichst viel des selbst produzierten Stroms auch selbst zu verbrauchen. Beispiele dafür: Ein Lämpchen zeigt der Familie, wenn Strom produziert wird und der Zeitpunkt günstig ist, Laptops etc. zu laden. Gestaubsaugt und gewaschen wird den Tag hindurch, wenn die Sonne scheint. Die automatisch gesteuerte Beschattung von grossen Fenstern verhindert ein Aufheizen im Sommer und eine Auskühlung im Winter.
  • Auch die Stromspeicherung in der 26 kWh-Batterie bewährt sich und überbrückt Regentage und Tage mit Schneefall im Winter zuverlässig. Dies gibt Familie Estermann ein gutes, sicheres Gefühl.
  • Externen Ökostrom einkaufen muss Estermann nur in Kälteperioden im Winter, wenn der Energiebedarf für die Wärmepumpe sehr hoch ist, die Stromproduktion infolge Nebel oder Schneefall tief und der Batteriespeicher nicht ausreicht.
  • Die Mobilität ist dank Elektroauto und eigener Photovoltaik-Anlage ebenfalls CO2-neutral.

Spannend ist für Guido Estermann auch der Vergleich: Wie würde er dastehen, wenn er statt seines Nullenergiehauses ein nach den heutigen Vorschriften geplantes Standardhaus gebaut hätte:

  • Ein vergleichbares Standardhaus würde rund doppelt so viel Strom verbrauchen wie sein energieoptimiertes Haus.
  • Finanziell musste Estermann für sein Haus rund 40'000 Franken mehr investieren als für ein Standardhaus. Je nach Energiepreisen rechnet sich diese Mehrinvestition früher oder später auf jeden Fall. 

Erfreuliches Fazit

Insgesamt zieht Guido Estermann ein voll und ganz positives Fazit. Seine Familie wohnt weitgehend CO2-neutral, «und zusätzlich haben wir ein gutes Gefühl und nehmen unsere Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt wahr», sagt der LUKB-Immobilien-Experte. Einschränkungen hat die Familie keine. «Wir üben keinen Verzicht, sondern gehen nur bewusst mit der Energie um», so Guido Estermann. Auch für die Zukunft ist er bereits gerüstet: Das Gebäude hat auf dem Dach und an der Fassade Potenzial für zusätzliche Solarpanels bis zu einer Leistung von 25'000 kWh. Wenn Ökostrom vermehrt nachgefragt wird, die Winterstromlücke aufgeht und sich der Strom verteuert, wird sich auch diese Investition lohnen.

In seinen Beratungsgesprächen bringt Guido Estermann die Erfahrungen mit seinem Zweifamilienhaus bereits ein. Und wie sieht es bei grösseren Liegenschaften aus, zum Beispiel Mehrfamilienhäusern? Der LUKB- Immobilien-Experte: «Was wir gemacht haben, lässt sich auf alle Gebäude anwenden.»  

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