«Frauen in der Führung haben Vorbildwirkung»
Die LUKB fördert Frauen für Führungsfunktionen. Konkret geht es auch um die Frage, wie die Arbeitsbedingungen und Laufbahnmodelle familienverträglicher gestaltet werden können. Jürg Stadelmann, Leiter Personal, im Interview.
ROI: Jürg Stadelmann, wo steht die LUKB beim Frauenanteil auf der Führungsetage der Bank?
Jürg Stadelmann: Noch nicht dort, wo wir sein möchten. Zwei von neun Verwaltungsrats-Mitgliedern sind Frauen, in der fünfköpfigen Geschäftsleitung haben wir noch keine Frau, in der zweiten Führungsstufe sind wir erst bei knapp 10 Prozent. Aber wenn ich auf unseren Führungsnachwuchs schaue, dann bin ich optimistisch, dass die Frauen bald breiter vertreten sein werden.
ROI: Warum?
Die LUKB hat – wie viele andere Unternehmen auch – eine starke Basis von jungen und sehr talentierten Frauen, die jetzt nach und nach in Führungsfunktionen hineinwachsen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen und verlangt auch von uns in der Personalarbeit zum Teil neue Rezepte.
ROI: Was muss man sich darunter vorstellen?
Ganz wichtig: Wir müssen das Thema Frauen in Führungsfunktionen in einem übergeordneten Kontext anschauen. Konkret geht es um die Frage: Was können wir als LUKB tun, damit unsere Arbeitsbedingungen und Laufbahnmodelle familienverträglicher werden – und zwar für Frauen und für Männer. Frauenförderung in der Wirtschaft wird langfristig nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Rolle der Männer neu definiert bzw. flexibilisiert wird.
ROI: Können Sie das präzisieren?
Gerne. Wenn wir zum Beispiel Führungsfunktionen auch für Teilzeit-Mitarbeitende öffnen oder im Job-Sharing möglich machen, dann wollen wir, dass auch Männer davon profitieren können, wenn sie die Familienarbeit mit ihrer Partnerin besser aufteilen wollen. Früher war es ja so, dass oft die Frauen zurückgesteckt haben, sobald sie Kinder hatten, zum Teil auch, um ihren Männern die Karriere nicht zu verbauen. Wir möchten modernen Familien ermöglichen, dass sowohl Frauen wie Männer Teilzeit arbeiten können, und das auch in anspruchsvollen Fach- und Führungsfunktionen.
ROI: Sie haben das frühere Rollenverständnis erwähnt. Gibt es noch weitere Hindernisse?
Leider ja. Wie gesagt, die Auswahl an jungen kompetenten Berufsleuten ist bei Frauen und Männern etwa gleich gross. Unterschiede beobachten wir aber, wenn es darum geht, eine sich bietende Karrierechance zu packen oder eine neue, vielleicht auch mit Unsicherheiten behaftete neue Funktion anzutreten. Ohne dass ich jetzt Gender-Klischées verbreiten möchte… aber viele Männer sind risikofreudiger und nehmen oft ohne langes Abwägen eine neue Herausforderung an, Stichwort: «Grend abe ond seckle». Bei vielen ebenso gut qualifizierten Frauen stellen wir eine differenziertere Grundhaltung fest. Sie sind sich der Schattenseiten einer Führungsfunktion – die gibt es natürlich – viel stärker bewusst und stellen sich darum häufiger die Frage, ob sie diesen oder jenen Schritt zu mehr Verantwortung wagen sollen. Hier braucht es erfahrungsgemäss mehr Überzeugungsarbeit, obwohl es ja oft gerade diese differenzierte Denkhaltung braucht, um eine erfolgreiche Führungsperson zu sein.
ROI: Diese Überzeugungsarbeit stelle ich mir anspruchsvoll vor.
Ja, das ist so. Wir schaffen darum bei der LUKB mit dem Programm «Frauen testen Führung» neu die Möglichkeit, dass Frauen Führungsaufgaben für eine beschränkte Zeit und in einem begrenzten Rahmen übernehmen können. Dies mit dem Ziel, dass sie konkreter erfahren können, wie sich Führung anfühlt. Und dass sie im Optimalfall erkennen: «Hey, das kann ich, das gefällt mir, das will ich.» Wir führen hier natürlich einen Kampf gegen tradierte Rollenbilder, denen auch heute noch viele junge Frauen ausgesetzt sind: Sie werden oft stärker als junge Männer zum Ausgleich, zum Herstellen von Harmonie, zur Leistung im Hintergrund sozialisiert. Wir dürfen nicht vergessen: Eine Führungsfunktion kann belastend sein, es nicht immer lustig, als Chefin oder Chef vorne hinzustehen und schwierige Entscheide zu treffen. Aber eine Führungsfunktion kann auch sehr befriedigend sein. Das wollen wir erlebbar machen! Und je mehr Frauen in der Führung tätig sind, umso stärker ist die Vorbildwirkung auf andere Frauen.
ROI: Besten Dank für das Gespräch.
Interview ROI vom 11. Juni 2021

Bild: Natalie Boo/AURA