Dossier-Digitalisierungsprojekte-Intro

Finanzierung von Digitalisierungsprojekten

Zwischen Reserven, Cashflow und Investitionskrediten

Reden, rechnen und verstehen: Die LUKB setzt bei der Finanzierung von Digitalisierungsprojekten auf einen Dialog mit offenen Karten.

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Roland Dubach verfolgt einen Plan: Er will die Prozesse auf den Baustellen, den Einsatz von Schaufeln, Kompressoren, Baggern und Lastwagen mit einer ganzen Reihe von softwarebasierten, digitalen Werkzeugen, effizienter gestalten. Der Startschuss fiel vor vier Jahren. «Abwarten», sagt der CEO des Luzerner Bauunternehmens Anliker, «war für uns nie eine Option».

Das Projekt «Einsatz GPS» ist unterdessen abgeschlossen. Sämtliche Personalbusse, Lieferwagen, Lastwagen und schwere Baumaschinen von Anliker ‒ insgesamt 600 Fahrzeuge ‒ sind mit Geotrackern ausgerüstet, die ihrerseits mit den Zündungen verbunden sind. Dank dieser Internet-der-Dinge-Anwendung wissen die Disponenten von Anliker am Hauptsitz in Emmenbrücke stets in Echtzeit, wo sich die Fahrzeuge und Baumaschinen befinden und ob sie produktiv sind.

Das Beispiel ist typisch für die digitale Transformation der Wirtschaft. Die Verfügbarkeit von neuen Technologien rund um die Beschaffung und Auswertung von Daten eröffnet ein riesiges Feld von Chancen; von der Produktentwicklung über die Leistungserbringung bis zum Marketing.

Auf der anderen Seite haben neue Technologien ‒ und die damit einhergehende beschleunigte Veränderung von Geschäftsmodellen ‒ immer auch einen Preis. Sie erfordern neues, internes und externes Know-how und individuelle Finanzierungen.

Grundsätzlich sind Ausgaben für digitale Projekte Investitionsvorhaben wie andere auch – mit zwei Einschränkungen.

Netzwerkeffekte

Im Gegensatz zu einer Gebäudeerweiterung oder einer neuen Fertigungslinie haben viele Digitalisierungsprojekte ‒ zum Beispiel die Einrichtung eines Onlineshops mit integriertem Offert-Tool ‒ Folgen für Lieferanten, Kunden oder Partner. Was diese Art der Einbindung Dritter entlang der Wertschöpfungskette bewirkt, ist schwer kalkulierbar; ausserdem wirft sie neuartige Fragen zu Haftung und Datensicherheit auf.

Bilanzierbarkeit

Bei Investitionen in die Optimierung bestehender Prozesse entfällt erfahrungsgemäss ein Grossteil der Kosten auf organisatorische Anpassungen und die Schulung der Mitarbeiter. Es sind dies Errungenschaften, deren Nutzen sich kaum quantifizieren lässt, weshalb sie in der Bilanz ‒ wenn überhaupt ‒ nur sehr beschränkt aktiviert werden dürfen.

Unternehmen, die ihre Digitalisierungsprojekte aus den Reserven, beziehungsweise aus dem Cashflow bestreiten, sind von diesen Besonderheiten kaum tangiert. Anders sieht es aus, wenn die erforderlichen Eigenmittel fehlen: Dann kann aus der Unsicherheit der Nutzenabschätzung ein Refinanzierungsrisiko werden.

Was das bedeutet, erleben zurzeit viele Unternehmen der Maschinen- Elektro- und Metallindustrie (MEM). Die Freigabe des Frankenkurses durch die Schweizerische Nationalbank vor vier Jahren hat in dieser stark exportorientierten Branche zu Ertragseinbrüchen geführt. Vor dem 15. Januar 2015 lag die Bruttogewinnmarge einer durchschnittlichen MEM-Firma um die zehn Prozent, heute ist die Hälfte eher die Regel als die Ausnahme.

«Die Umsätze steigen zwar wieder, aber die Margen sind tief geblieben», erklärt Jürg Marti, Geschäftsführer des Branchenverbandes Swissmechanic. Es gibt eine bedeutende Zahl von Unternehmen, die gerne weiter in Projekte rund um das Thema Industrie 4.0 investieren würden, aber aus finanziellen Gründen zuwarten müssen.

René Huber, Firmenkundenberater bei der LUKB, ist vertraut mit der Gemengelage von Margendruck, eingeschränkter Bilanzierbarkeit und schwer kalkulierbaren Netzwerkeffekten. «Auf dem Weg zur Finanzierung von Digitalisierungsvorhaben», so Huber, «gibt es tatsächlich einige Hürden».

Grundlage einer Lösung bilde der offene Dialog: «Als Bank wollen wir das Projekt und seine Einbettung in die Unternehmensstrategie genau verstehen». Für den Unternehmer heisst das: Er muss einen Business Case vorlegen; Fakten und Szenarien, die den Mehrnutzen eines Vorhabens konkret beziffern.

«Im Kern geht es um die Auswirkung der Projekte auf die künftige Ertragslage», erklärt Huber. Denn letztlich sei es der positive Free Cashflow, der ein Unternehmen in die Lage versetze, einen Kredit samt Zinsen fristgerecht zu tilgen.

Für die Digitalisierungsprojekte von Anliker hat Roland Dubach die einschlägigen Zahlen schnell zur Hand. Beispiel Flottenmanagement per GPS-Tracking: Bei hoher Arbeitslast mietet Anliker schwere Geräte und Fahrzeuge von Drittunternehmen hinzu; wobei ein Bagger zwischen 2‘000 und 5‘000 Franken pro Woche kostet.

Dieser Aufwand ist seit der Einführung des Rapportierungstools markant gesunken. Denn mit den Orts- und Betriebsdaten aller 600 Geräte konnte die Einsatzplanung verbessert und so die nicht gedeckten Bedarfsspitzen geglättet werden. «Die Investition», so Dubach, «hat sich in nur zwei Jahren amortisiert».

Ein klar definierter Prozess, eine erprobte Technologie und ein Rückfluss des investierten Kapitals innerhalb eines überschaubaren Zeithorizonts: Ein ideales Szenario für den LUKB-Experten René Huber.

Doch er betont, dass bei einem so epochalen Wandel wie der digitalen Transformation immer ein Rest Unsicherheit bleibe. Für grössere Projekte habe sich in der KMU-Praxis ein schrittweises Vorgehen bewährt: «Eine Etappierung gibt die Möglichkeit, flexibel auf sich verändernde Umstände zu reagieren und so die Projektrisiken zu senken, was wiederum das Zustandekommen einer Fremdfinanzierung begünstigt».

Gemäss einer aktuellen Umfrage haben erst 50 Prozent der Industrie-KMU explizite Digitalisierungsprojekte umgesetzt. 80 Prozent der Firmen planen aber einschlägige Massnahmen. «Dabei wollen wir die Unternehmer unterstützen», erklärt Jürg Marti von Swissmechanic.

Zum Beispiel mit Kursen und Workshops, die auf das Gespräch mit den Banken vorbereiten. Im Zentrum steht die Bezifferung des Nutzens einer Investition: «Unsere Experten», so Marti, «machen die KMU-Vertretern mit den einschlägigen Instrumenten vertraut».

Big Data auf dem Bau

Die Anliker Holding mit ihren Bereichen Bauunternehmung, Generalunternehmung und Immobilen ist die umsatzstärkste Baugruppe der Zentralschweiz. Die Bauunternehmung allein beschäftigt rund 1250 Mitarbeiter, womit sie auch national in der ersten Liga spielt. Die Digitalisierung der Leistungserbringung ist Chefsache. Per Anfang 2015 nahm Anliker eine neues Enterprise Ressource Planning-System (ERP) in Betrieb und schuf damit die Voraussetzungen für rund ein Dutzend Anschlussprojekte; von der Einführung der elektronischen Rechnungstellung über die papierlose interne Materialbestellung bis zur digitalen Ablage der Baupläne. Die Kosten beliefen sich ‒ ohne den Aufwand der achtköpfigen IT-Abteilung und die interne Schulung ‒ auf rund einen Drittel des jährlichen Investitionsvolumens. Doch für CEO Roland Dubach hat sich der Mitteleinsatz gelohnt. Er denkt bereits über die nächsten Entwicklungsschritte nach; zum Beispiel über Mixed-Reality-Brillen für Bauführer und Poliere.

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