Zertifikate in der Bauwirtschaft

Die kurze Einordnung einiger in der Bauwirtschaft anerkannter Zertifikate gibt einen guten Überblick.

Die Bedeutung von Nachhaltigkeits- und Qualitätszertifikaten

Wer heute eine neue Waschmaschine kauft, achtet automatisch auf das Energiezertifikat. In der Immobilienwirtschaft ist dies ähnlich. Nachhaltigkeits- und Qualitätszertifikate und Labels wie SNBS, Minergie, 2000-Watt-Areal oder auch DGNB, LEED and BREEAM schaffen bei Investoren, Eigentümern und Käufern Transparenz und messen den Erfüllungsgrad der gesetzten Ziele.

Wer eine neutrale Aussage über die Qualität eines Produktes, Sicherheitsanforderungen oder Umwelteigenschaften erhalten will, kommt an Zertifikaten, Qualitätslabels und Gütesiegeln nicht vorbei. Ob bei Lebensmitteln, Fahrzeugen, Technik, Internet, Gesundheit etc.: Schweiz- und weltweit werden Standards definiert, damit ein Käufer oder eine Käuferin ein Produkt einschätzen und einfacher zwischen Angeboten unterscheiden kann.

Bei Gebäuden und Arealen ist dies nicht anders. Mit dem stark gestiegenen Anlageinteresse in Immobilien und durch das verstärkte Qualitätsbewusstsein von Käufern und Mietern hat das Bedürfnis an spezifischen Immobilien-Zertifikaten seitens Investoren, Eigentümern, Käufern Ratingagenturen und weiteren Stakeholdern in den letzten Jahren laufend zugenommen. Im Mittelpunkt stehen dabei Zertifikate zur Nachhaltigkeit von Immobilien.


Internationale und Schweizer Lösungen

In der Branche werden diese Zertifikate grundsätzlich als sinnvoll angesehen. Es ist mitunter die erste und manchmal einzige Möglichkeit, etwas über die Qualität und den Nachhaltigkeitsstandard eines Gebäudes oder einer ganzen Arealentwicklung auszusagen bzw. zu erfahren.

Internationale Gütesiegel wie der in England entwickelte BREEAM, der amerikanische WELL Building Standard oder das häufig auch in der Schweiz verwendete US-Zertifizierungssystem LEED (Leadership in Energy & Environmental Design) oder der umfassende deutsche Standard DGNB (CH: SGNI) gelangen meist bei grösseren Entwicklungen zum Einsatz, in welche börsenkotierte, oft internationale Unternehmungen oder Anlagegefässe investieren. Diese internationalen Zertifikate werden häufig auch mit einem Schweizer Zertifikat ergänzt.

In der Schweiz mit Abstand am häufigsten verwendet werden die Zertifizierungssysteme Minergie und SNBS. Minergie ist seit 1998 der Schweizer Standard für Komfort, Effizienz und Werterhalt in der Bauwirtschaft. Im Fokus stehen dabei der Energieverbrauch und der Wohn- und Arbeitskomfort in Neu- und Umbauten. Die Wirtschaft, die Kantone und der Bund tragen Minergie gemeinsam. Das Label sorgt für die Qualitätssicherung, von der Planungs- über die Bau- bis zur Betriebsphase – und dies mit drei Standards: Minergie ist der Basisstandard für eine gut gedämmte Gebäudehülle und eine Lufterneuerung durch Komfortlüftung. Minergie-Gebäude sind Niedrigenergiebauten und entsprechen weitgehend den gesetzlichen Anforderungen der Kantone. Minergie-P strebt einen noch tieferen Energieverbrauch an, und Minergie-A definiert das Null- oder sogar Plus-Energiehaus. Die bekannte Zusatzzertifizierung Eco ist bei allen Minergie-Standards möglich und befasst sich insbesondere mit gesundheitlichen und bauökologischen Aspekten.

Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz: Umfassende Betrachtung

Mit dem SNBS 2.0 (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) hat der Bund gemeinsam mit Exponenten der Bauwirtschaft eine Basis für das nachhaltige Bauen in der Schweiz geschaffen. Der SNBS 2.0 ist ein umfassender wirkungsorientierter Standard für nachhaltige Gebäude in der Schweiz. Er basiert auf bestehenden Instrumenten und Hilfsmitteln, darunter auch die Minergie-ECO-Anforderungen. Die Systemgrenze des SNBS 2.0 Hochbau umfasst das Gebäude an sich. Der Standard bezieht bei der Beurteilung des Gebäudes aber auch den Kontext in die Betrachtung mit ein. Ziel ist es, die drei Dimensionen des nachhaltigen Bauens (Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt) gleichermassen in Planung, Bau und Betrieb einzubeziehen.

2000-Watt-Areal für grössere Entwicklungen

Das im Rahmen des Programms Energie-Schweiz entwickelte Zertifikat 2000-Watt-Areal betrachtet nicht nur das Gebäude, sondern zeichnet vielmehr Siedlungsgebiete aus, die sich für den Klimaschutz einsetzen und einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen vorweisen können. Das Zertifikat bewertet den gesamten Entwicklungsverlauf von der Erstellung bis zum Betrieb und berücksichtigt auch die Mobilität.

Eine Sonderstellung nimmt der sogenannte GEAK (Gebäudeausweis der Kantone) ein. Dieser erfasst die energetische Gesamtsituation eines Gebäudes und gibt Auskunft über den Energieverbrauch sowie die Energieeffizienz der Gebäudehülle. Dabei wird die Liegenschaft in Energieklassen – von A (sehr energieeffizient) bis G (wenig energieeffizient) – eingeteilt.


Zertifikate bringen Mehrwert

So weit so gut – doch haben Zertifikate nicht auch eine Kehrseite? Doch, das haben sie: Mit einer Zertifizierung werden teilweise beträchtliche Mehraufwände für den Ersteller, den Investor, und schlussendlich den Käufer oder Mieter generiert. Eine solche Investition lohnt sich nur, wenn ein Gegenwert resultiert.

Durch Gütesiegel lassen sich Objekte nach vorgegebenen Standards genauestens planen, realisieren, prüfen und betreiben. Durch die Prüfung der Kriterien und falls notwendig durch Nachbesserungen werden die angestrebte Qualität und somit der Nutzen erreicht. Geprüfte Zertifikate leisten deshalb in der Regel einen Beitrag zum Wert eines Gebäudes oder einer Siedlung. Gerade für künftige Investitionen und somit eine nachhaltige Marktfähigkeit werden Labels immer wichtiger. Je nach Label können gar Bestandesbauten zertifiziert werden.

Welches Zertifikat für welches Gebäude?

Doch welches Zertifikat ist jeweils das richtige für ein spezifisches Bauvorhaben? Diese Frage lässt sich einfach beantworten. Es soll verhältnismässig sein und benötigt die Akzeptanz der anvisierten Stakeholder. Gebäude, welche die gesetzlichen verankerten Minimalanforderungen übertreffen, die also nachhaltiger, effizienter, umfassender geplant und realisiert werden, sind sinnvollerweise zu zertifizieren. Bei Bauten, die auf die gesetzlichen Minimalanforderungen ausgerichtet sind, kann es unter Umständen angezeigt sein, sich zwar konsequent am Gütesiegel zu orientieren, aber auf eine aufwändige Zertifizierung zu verzichten. Ebenso gilt: Je grösser ein Projekt ist, desto eher sollte es zertifiziert werden. 

Die Immobilien Experten der LUKB unterstützen Bauherrinnen und -herren auch in Fragen rund um Nachhaltigkeits- und Qualitätszertifikate und zeigen ihnen Vor- und Nachteile sowie Handlungsmöglichkeiten auf.



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