Renditen im Tiefzinsumfeld? Kein Ding der Unmöglichkeit

Das Tiefzinsumfeld ist in der Schweiz zurückgekehrt. Dennoch gibt es weiterhin Möglichkeiten, mit überschaubarem Risiko Renditen zu erzielen, die ein Kapitalwachstum ermöglichen.

Die Schweiz ist endgültig wieder ins Tiefzinsumfeld zurückgekehrt. Dieses Mal ist es aber primär ein Schweizer Phänomen, denn selbst Japan hat mittlerweile höhere Zinsen. Auch wenn die letzte Phase von extrem tiefen Zinsen noch nicht sehr lange zurückliegt, wirft dieses Umfeld berechtigterweise viele Fragen auf – vor allem in Bezug auf die Erzielung von Rendite.

Gründe für das Tiefzinsumfeld

Da die Nationalbank dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet ist, liegt es nahe, die Suche nach den Gründen für die tiefen Schweizer Zinsen mit einem Blick auf die Inflationszahlen zu beginnen.

1. Inflation

Die Teuerung ist in der Schweiz bereits seit mehr als zwei Jahren in der Tendenz rückläufig und sank im Mai auf - 0.1%. Damit ist sie sogar unterhalb des Bandes von 0 - 2%, welches die SNB als vereinbar mit Preisstabilität erachtet. Auch wenn das noch lange nicht heisst, dass die Schweiz nachhaltig in die Deflation abrutscht, ist die Inflation nun niedriger, als es der SNB lieb sein kann.

2. Starker Franken

In kleinen offenen Volkswirtschaften wie der Schweiz ist der Wechselkurs eine sehr wichtige Einflussgrösse für die Inflationsrate. Obendrein gilt der Schweizer Franken weltweit als «sicherer Hafen» und wertet in Krisenzeiten meist auf. Das stellt ein Abwärtsrisiko für die Wirtschaft und die Inflation dar. Die SNB versucht daher, den Franken mit tiefen Zinsen weniger attraktiv zu machen, was angesichts der ohnehin schon hohen Bewertung des Frankens besonders wichtig ist.

3. Internationale Rahmenbedingungen

Wechselkurs, Konjunktur und Inflation in der Schweiz werden naturgemäss auch von den Entwicklungen im Ausland beeinflusst, insbesondere der Eurozone. In Letzterer sanken die Leitzinsen in den letzten Quartalen ebenfalls kontinuierlich, während die Wirtschaft in einigen Ländern stagnierte. Auch um eine gewisse Zinsdifferenz zum Euroraum zu wahren, hat die SNB daher selbst die Zinsen gesenkt.

Björn Eberhardt, Leiter Investment Office
«Die tiefen Zinsen reflektieren auch einen Überschuss an Erspartem gegenüber den Anlagemöglichkeiten.»
Björn Eberhardt, Leiter Investment Office

Folgen für Sparer und Kreditnehmer

Die Leitzinspolitik hat eine Reihe von direkten und indirekten Auswirkungen auf die Schweizer Finanzmärkte, das Bankensystem und die Konjunktur. Aus Sicht von Anlegenden sind vor allem die tieferen Zinsen relevant. Die bereits niedrigen Zinssätze auf Bankkonti dürften nun noch einmal etwas absinken. Für Sparer sind das schlechte Nachrichten, da sich mit Liquidität allein kaum mehr Erträge erzielen lassen. Auf der Gegenseite sind sinkende Zinsen gut für Kreditnehmer. So sind Neuabschlüsse für Hypotheken in den vergangenen Monaten bereits günstiger geworden, vor allem in kürzeren Laufzeiten. Aus den genannten Auswirkungen für Schuldner und Sparer ergibt sich, dass die tiefen Zinsen wie eine Subvention für Schuldner wirken, während Sparer mit sinkenden Erträgen konfrontiert werden. Dafür trägt die SNB nur marginal Verantwortung, da sie mit ihrer Zinspolitik lediglich auf die gegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagiert.

Welche Möglichkeiten bieten sich nun für Anlegende, die im Tiefzinsumfeld nach Renditen suchen, die auch nach Abzug der Inflation mindestens einen Kapitalerhalt oder sogar ein Kapitalwachstum erlauben?

Abbildung 1: Zinsen für festverzinsliche Schweizer Anlagen

Anleihen als Anker im Portfolio

1. Schweizer Staatsanleihen

Die Rendite von Schweizer Staatsanleihen ist mittlerweile bis zu einer Laufzeit von ca. 4 Jahren in den negativen Bereich gerutscht. Erst längere Laufzeiten bieten noch leicht positive Renditen. Die Renditen müssten deutlich in den negativen Bereich abrutschen, um über steigende Anleihenkurse eine vernünftige Performance für Anlegende zu erwirtschaften. Aus unserer Sicht sind Schweizer Staatsanleihen daher wenig attraktiv.

2. Unternehmensanleihen (Investment Grade)

Anleihen in Schweizer Franken von Unternehmen mit guter Schuldnerqualität bieten derzeit noch Renditen zwischen 0.5% bis 1.1% für Laufzeiten von 3–5 Jahren. Für konservative Anlegende stellen sie die beste Alternative zur Kontoverzinsung dar. Für kleinere Portfoliogrössen bieten Anlagefonds, die auf solche Obligationen ausgerichtet sind, den optimalen Zugang.

3. Anleihen von Industrieländern in Fremdwährung

Höhere Renditen als am Schweizer Heimmarkt lassen sich oft in anderen Währungsräumen finden. Allerdings gilt es hier das Wechselkursrisiko zu beachten, das sich zwar absichern lässt, wobei die Absicherung aber Kosten verursacht. Sinnvoll können währungsbesicherte Anleihen dennoch sein, u.a. weil sie das Portfoliorisiko über eine Verbesserung der Diversifikation senken können.

4. Hochzinsanleihen

Hochzinsanleihen von bonitätsschwächeren Emittenten locken mit nochmals höheren Renditen. Allerdings steigt hier das Ausfallrisiko, weshalb auf eine breite Streuung geachtet werden muss. Aus diesem Grund bieten Fondsprodukte oft die zugänglichste Lösung.

5. Anleihen von Schwellenländern in Lokalwährung

Diese Art von Anleihen bietet attraktive Renditen. Im langfristigen Vergleich enthalten sie auch einen gewissen Ausgleich für das Risiko von Währungsverlusten, weshalb in diesem Fall auf eine Wechselkursabsicherung bewusst verzichtet werden kann. Wie bei Hochzins-anleihen ist auf eine breite Diversifikation zu achten, die sich am einfachsten über Kollektivanlagen umsetzen lässt.

Abbildung 2: Kosten der Währungsabsicherung aus Schweizer Sicht

Aktien als Renditetreiber

1. Schweizer Blue Chips

Gerade in einem Tiefzinsumfeld sind Dividendenrenditen von 3 bis 4% bei Qualitätsunternehmen interessant. Die Positionierung in defensiveren Sektoren mindert das Risiko gegenüber spekulativeren Papieren. Dennoch handelt es sich immer noch um Aktien mit einer entsprechend höheren Volatilität als Anleihen.

2. Unternehmen mit niedriger Marktkapitalisierung

Kleinere Unternehmen (Small Caps) profitieren in einem Niedrigzinsumfeld häufig stärker als grosse, da günstige Finanzierungen Wachstumsprojekte ermöglichen und die Kreditkosten drücken. Allerdings reagieren die Kurse sensibler auf konjunkturelle Schwankungen, weshalb eine breite Streuung essenziell ist und ihr Anteil am Portfolio nicht zu hoch ausfallen sollte. Da das Tiefzinsumfeld hauptsächlich die Schweiz und etwas weniger auch die Eurozone betrifft, sollte der Fokus auf diesen Regionen liegen.

3. Wachstumsorientierte Firmen

In einem Umfeld tiefer Anleiherenditen dehnen sich die Bewertungen von Wachstumsfirmen meist stärker aus (tieferer Diskontierungssatz). Positionen in solchen Aktien sollten damit im Portfolio vertreten bleiben, wobei das Gewicht aufgrund der nochmals erhöhten Kursrisiken von der jeweiligen Risikobereitschaft und -fähigkeit bestimmt wird. Es gilt zu beachten, dass US-Firmen einem gänzlich anderen Zinsumfeld gegenüberstehen.

4. Schwellenländer-Aktien

Trotz der globalen Risiken bieten Aktien aus den Emerging Markets oft höhere Dividenden und stärkere Wachstumsaussichten. Im Portfolio können sie zusätzliche Diversifikation und Renditechancen schaffen – allerdings nur mit klarem Risikomanagement und breit diversifiziert.

Ergänzende Anlageklassen

1. Immobilien

Für viele Anlegende stellt das persönliche Wohneigentum bereits einen substanziellen Bestandteil der Vermögensanlage dar. Eine Partizipation an den fundamental intakten Perspektiven für Schweizer Immobilien lässt sich aber bereits mit kleinen Beträgen über Schweizer Immobilienfonds erreichen. Diese sind zwar nicht mehr günstig, bieten aber immer noch höhere Ausschüttungsrenditen als Schweizer Anleihen.

2. Gold und Edelmetalle

Zwar spielen die Schweizer Zinsen für den globalen Goldpreis keine nennenswerte Rolle, sondern vielmehr die Entwicklung des US-Zinsniveaus. Als Portfoliobestandteil erfüllt Gold aber auch für Schweizer Anlegende eine wichtige Funktion zur Teilabsicherung
geopolitischer Risiken, ausufernder Staatsverschuldung und einem Wiederanstieg der Inflation. Fundamentale Faktoren, wie z.B. anhaltende Käufe von Zentralbanken, stellen dabei eine Stütze für den Goldpreis dar.

3. Strukturierte Produkte

Gewisse strukturierte Produkte bieten auch im Tiefzinsumfeld eine Möglichkeit höherer Renditen. Dazu zählen z.B. Barrier Reverse Convertibles (BRC) oder die defensiveren Reverse Convertibles (RC), die durch ihre Konstruktion interessante Coupons auf Basis von
Optionsprämien bieten können. Ohne Risiko sind solche Produkte nicht, denn Anlegende tragen ab gewissen Grenzwerten das volle Verlustrisiko aus dem zugrundeliegenden
Vermögenswert. Auch hier kann sich daher eine weitergehende Diversifikation über einen Korb verschiedener BRC anbieten.

4. Alternative Strategien

Hedgefonds, Private Equity oder Private Debt bieten Ertragschancen unabhängig von Zinsbewegungen. Sie sind allerdings meist illiquide und mit höheren Gebühren verbunden. Daher eignen sie sich primär für erfahrene Anlegende mit ausgedehntem Anlagehorizont.

Björn Eberhardt, Leiter Investment Office
«Intelligent diversifizierte Portfolios erlauben es, auch im Tiefzinsumfeld positive Renditen zu erzielen.»
Björn Eberhardt, Leiter Investment Office

Fazit

Das Tiefzinsumfeld in der Schweiz stellt Anlegerinnen und Anleger vor altbekannte Herausforderungen: Klassische Sparformen wie Sparkonti oder kurz laufende Kassenobligationen bieten kaum noch Ertrag, während die Suche nach Rendite vor allem zu risikoreicheren Anlageklassen führt. Ein intelligenter Mix aus Anleihen, Aktien, Immobilien, Edelmetallen und ergänzenden Anlagen wie strukturierten Produkten kann dabei helfen, trotz tiefer Zinsen weiterhin attraktive Gesamterträge zu erzielen. Entscheidend bleibt ein diszipliniertes Risikomanagement, das u.a. Liquidität, Währungs- und Kreditrisiken aktiv steuert. So können Anlegende auch im Umfeld tiefer oder negativer Franken-Zinsen ihre finanziellen Ziele verfolgen sowie das Vermögen langfristig schützen bzw. sogar ausbauen. 

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