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Die LUKB-Experten blicken auf ein aktuelles Thema und ordnen es für Sie ein.
Die Führungsetage von Nestlé hat seit letztem Herbst eine ungewohnt hohe Fluktuation erfahren. Dazu kommen ein enttäuschender Geschäftsgang und eine Bilanzqualität, die für Diskussionen sorgt. Die neue Führungsspitze des Unternehmens muss nun handeln und grundlegende Probleme anpacken. Es gilt das Produktportfolio zu überdenken und das Vertrauen in die Bilanz zu wahren.
Die aktuelle Strategie konzentriert sich auf eine Stärkung des Marketings, Innovationen und Einsparungen. Das allein wird aber nicht genügen, um Nestlé zurück auf die Erfolgsspur zu führen. Wichtiger ist es, weniger rentable Geschäftsbereiche abzustossen. Zur Diskussion stehen dabei Bereiche wie Tiefkühlkost, Frischmilchprodukte, Vitamine oder das Wassergeschäft. Damit würden etwa 15% des Umsatzes zur Disposition gestellt. Die Erlöse sollten zur Stärkung des Produktportfolios eingesetzt werden, indem Premium- und Wachstumssegmente ausgebaut werden.
Eine weitere Baustelle ist die Bilanz, deren Qualität deutlich nachgelassen hat. Zuletzt wies Nestlé eine Nettoverschuldung von CHF 60 Mrd. aus. Ende 2016 lag der Wert noch bei CHF 14 Mrd. Hauptgrund für diese Entwicklung waren grossangelegte Aktienrückkaufprogramme. Zwischen 2017 und 2024 hat Nestlé für CHF 53 Mrd. eigene Aktien zurückgekauft. Damit wurde den Aktionären ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf von Unternehmensteilen ausgeschüttet. Nestlé nahm eine höhere Verschuldung bewusst in Kauf. Im Verhältnis zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ist sie allerdings nicht besorgniserregend. Nestlé verfügt ferner über eine attraktive, nicht betriebsnotwendige Beteiligung von 20% am Kosmetikhersteller L‘Oréal, die mit rund CHF 38 Mrd. bewertet ist. In der Bilanz von Nestlé wird sie aber nur mit CHF 8.7 Mrd. geführt. Ein Verkauf würde die Verschuldung von Nestlé markant reduzieren. Zudem erwirtschaftet Nestlé genügend freie Mittel, um die Dividende auf dem bestehenden Niveau zu halten oder sogar leicht zu erhöhen. Damit könnte Nestlé weiterhin seinem Ruf als Dividendenaristokrat gerecht werden.
Reto Lötscher, Leiter Finanzanalyse, 22. September 2025